Secondhand (=zweiter Hand, gebraucht) war schon immer in meinem Leben. Nur habe ich es früher nicht bewußt wahrgenommen. Es war für mich normal, nicht alles neu zu kaufen, sondern auch gebrauchte Dinge zu nutzen. Das könnte daran liegen, dass meine Eltern der Nachkriegsgeneration angehören und ich das zweite von drei Kindern bin. Seit ich mich mehr mit Nachhaltigkeit beschäftige, habe ich gelernt, secondhand zu schätzen und zu lieben. Aber warum? Das möchte ich dir gerne erzählen.

Meine familiäre Prägung zeigt sich

Als 2. Tochter bekam ich als Kind meist die Kleidung, die meine große Schwester schon getragen hatte. Ab und zu gab es ein paar neue Sachen. Das wird auch heute noch bei vielen Familien mit Kindern so gehandhabt. Und es störte mich nicht. Bis ich in die Pubertät kam. Mein Taschengeld (und später auch das erste verdiente Geld) gab ich zu einem großen Teil für Trendklamotten aus. Meine Eltern fanden es nicht wichtig, dass ich eine -damals super trendige- Levi’s 501 trug, wenn es doch eine normale (no-name) Jeans tat. Das sah ich anders. Wer dazu gehören wollte trug die „richtigen“ Klamotten. Also von der derzeit angesagten Marke. Scheiß Gruppenzwang, sage ich mir heute. Damals hatte ich erstens nicht das Selbstbewusstsein, um darüber zu stehen und zweitens fand ich manche dieser Sachen auch viel cooler, als das, was meine Eltern auswählten. Rückblickend hat es wohl auch etwas mit Entwicklung des eigenen Geschmacks und Abnabelung vom Elternhaus zu tun.

Obwohl meine Eltern nie auf Flohmärkte gingen, wuchs ich also mit einer Mischung aus neuen und gebrauchten Dingen auf. Es wurde nie ein großes Tamtam darum gemacht, so dass ich das als normal verinnerlicht habe. Diesen natürlichen Umgang mit gebrauchten Dingen möchte ich auch meinen Kindern weitergeben.

Vorbehalte gegenüber secondhand

Oft wird secondhand gleichgesetzt mit schrabbelig, abgetragen und heruntergekommen. Oder, dass das eben für arme Leute ist, die sich nichts Neues leisten können. Secondhand wird manchmal als minderwertig und für finanziell schlecht gestellte Menschen gesehen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich gute Erfahrungen mit gebrauchten Gütern gemacht habe und diese Vorbehalte nicht teile. Warum soll ich für etwas Neues viel Geld ausgeben, wenn ich es gleichwertig gebraucht bekommen kann?

Ein weiterer Vorbehalt ist, dass es unhygienisch ist. Aber ist Hygiene nicht sowieso relativ? Bei Unterhosen zum Beispiel verzichte ich persönlich auf gebraucht und kaufe diese neu. Ansonsten gilt: Wäsche lässt sich waschen und selbst Legosteine kann man in der Spülmaschine reinigen. Und ein paar Bakterien helfen ja auch, das Immunsystem zu stärken. 🙂

Secondhand kaufen kostet mehr Zeit, denken viele Leute. In der heutigen Zeit erscheint es einfacher, sich durch ein paar Internetseiten zu klicken und sich die gewünschten Waren nach Hause liefern zu lassen, als das Gleiche gebraucht zu suchen. Meine Erfahrung: wenn ich genau weiß, wonach ich suche finde ich das auch gebraucht recht schnell.

Vorteile von secondhand – 14 Punkte, die ich an gebrauchten Dingen schätze

Bei gebrauchten Dingen sollte man schon darauf achten, wie sehr es gebraucht ist. Welchen Zustand braucht oder wünscht man sich noch? Nur weil etwas nicht komplett neu abzugeben ist, heißt das nicht, dass es schlecht oder unbrauchbar ist. Teilweise sind die Sachen noch neuwertig, weil es zum Beispiel ein Fehlkauf des Vorbesitzers war. Also die Größe oder Farbe nicht passte. 

Vorteile von gebrauchten Sachen:

  • Kleidung ist schon gewaschen. Das bedeutet, die Chemikalien sind raus und die Sachen gehen nicht mehr ein. Außer ich selber wasche sie falsch.
  • Günstiger als neu. Ein krasser Preisverfall ist bei Autos zu sehen. Neuwagen kosten ziemlich viel mehr Geld, als z.B. ein 3 Jahre alter Wagen mit ein paar Kilometern drauf. Manchmal werden gebrauchte Sachen auch verschenkt. Also ein echter Pluspunkt für Schnäppchenjäger. 
  • Ich traue mich eher die Sachen zu nutzen wenn vielleicht schon eine kleine Schramme drin ist. Oder bin weniger traurig, wenn eine Macke reinkommt. Beispiel: Kinderhochstühle. Die sehen bei täglichem Gebrauch mit 2 Kindern sowieso nach kurzer Zeit nicht mehr neu aus. 😀
  • Weniger Auswahl = schnellere Entscheidung. Geht zumindest mir so. Wenn es eine Sache nur so gibt, wie sie dasteht, dann gibt es nur „ja oder nein“. Und kein „vielleicht in einer anderen Farbe?“
  • Durch die bestimmte, begrenzte Auswahl ist es übersichtlich.
  • Gerade bei Klamotten: exklusive Teile. Ich konnte schon ein paar tolle Designerstücke ergattern, die ich gerne trage und mit anderen Kleidungsstücken kombinieren kann. Dadurch wird mein Kleidungsstil auch individuell. Ich peppe meine Basis-Garderobe mit besonderen Teilen auf.
  • Es ist nachhaltiger. Für etwas, das es schon gibt und das weiter genutzt wird, werden keine Ressourcen verbraucht. Weil es ja bereits in der Vergangenheit produziert wurde.
  • Jemand, der es nicht mehr will, bekommt Geld dafür, es landet nicht im Müll und jemand anders hat Freude daran.
  • Viele Sachen sind auch gebraucht noch so gut erhalten oder von Grund auf qualitativ hochwertig, dass sie bei guter Pflege lange halten und ggfs. sogar weiterverkauft werden können.
  • Gebraucht kaufen spart Müll. Bei Spielzeug ist mir das besonders aufgefallen.
  • Oft ist secondhand auch regional. Gerade bei Kleidung, die in Secondhandläden verkauft wird, kommen die Sachen von jemandem, der in der Nähe des Ladens wohnt.
  • Teilweise sehr kurzfristig verfügbar. Also auch spontan an einem Sonn- und Feiertag, wenn die Läden zu haben und online bestellen auch keine Option ist.
  • Gebrauchte Sachen sind auch oft saisonal. Weihnachtsdeko wird im Winter verkauft. Besitzer von Secondhandläden nehmen nur an, was sie in der kommenden Zeit verkaufen können.
  • Secondhand-Artikel haben Seele. Für mich fühlen sich Secondhand-Sachen anders an, als neue Dinge „von der Stange“. Manche Dinge erzählen eine Geschichte. Sie haben irgendwie eine Persönlichkeit oder eine Art Charakter.

Wo gibt es secondhand und was gilt es dabei zu beachten? 

Gebraucht kaufen geht vor Ort oder online. Der Vorteil bei Vor-Ort-Käufen ist klar der, dass man die Sachen sehen, begutachten oder direkt anprobieren kann. Bei online-Käufen ist dafür die Auswahl meist größer. Manche Dinge werden sogar verschenkt, meist gegen Abholung.

Vor Ort: Secondhandladen, Flohmarkt, Gebrauchtwagenhändler, Antiquitätenshop. Es gibt aber auch Tauschbörsen (zum Beispiel Kleidertauschbörsen). Dort bringst du etwas mit, was du nicht mehr benötigst und kannst dafür etwas anderes mitnehmen. Der ungefähre Wert wird meist beim Eintritt in die Börse ermittelt, so dass die Teilnehmer keine minderwertigen Dinge gegen hochwertige Sachen tauschen können. Gebrauchte oder vergriffene Bücher werden in sogenannten Antiquariaten verkauft.

Online: Kleinanzeigen (z.B. ebay, Vinted (ehemals Mamikreisel und Kleiderkreisel), Facebook-Marketplace, örtliche Facebook-Gruppen), bestimmte Online-Portale (z.B. für Fahrzeuge). Bei Online-Käufen gibt es die Optionen „mit Versand“ oder „nur Abholung“. Achtung: in Anzeigen stehen manchmal auch Unwahrheiten. Erst vor wenigen Tagen habe ich zwei Kochplatten gekauft, die mit „neu, OVP“ beschrieben waren. Da die Verpackung gut aussah und die Verkäuferin vertrauenswürdig aussah, habe ich die Ware nicht vor Ort überprüft. Zu Hause stellten wir dann fest, dass der Artikel sehr wohl gebraucht war und zudem nur eine von den beiden Herdplatten funktionierte. Ich schrieb die Verkäuferin an und bekam das Geld zurückerstattet.

Grundsätzlich sollte man auf Löcher, Flecken, Risse achten. Funktioniert es so, wie es soll? Lässt sich das reparieren? Kommt man damit klar, wenn eine Sache nicht mehr zu 100% perfekt ist? Kann und will man damit leben?

Desweiteren gibt es Secondhandshops von Organisationen (Rotes Kreuz, Diakonie, Caritas oder auch Oxfam). Diese erhalten ihre Waren meist kostenlos und können diese auch wesentlich günstiger abgeben. Manchmal dürfen nur Menschen mit entsprechendem Bedürftigkeitsausweis in solchen Läden einkaufen. Auch Sozialkaufhäuser verkaufen gebrauchte und gespendete Waren. 

Wusstest du, dass Secondhandläden in der Schweiz Brocken-Stube oder Brocken-Haus genannt werden? 

Secondhand weitergeben

Wohin mit Bekleidung, die man selber nicht mehr trägt? Die kann man zum Secondhandladen bringen, spenden, verschenken oder in die Altkleidersammlung geben. Andere Dinge kann man dort verkaufen, wo man gebrauchte Sachen kaufen kann: auf Flohmärkten, bei speziellen Geschäften oder online über diverse Portale. Wir machen oft einen Karton mit der Aufschrift „zu verschenken“ und stellen diesen vor die Haustüre. Was dort nach einem Tag noch drin ist, schmeißen wir weg.

Mein Fazit: Secondhand liegt auf der Hand

Noch besser wäre es, gar nichts zu kaufen. Aber ich konsumiere gern. Und dies ist für mich eine sympathische und für mich passende Möglichkeit, meinen Konsum nachhaltiger zu gestalten. Einige meiner Lieblingsdinge sind secondhand.

Mein Fazit: Mir geht Qualität vor Quantität. Ich wäge ab: brauche (oder will) ich etwas wirklich? Gibt es das gebraucht oder macht es Sinn, neu zu kaufen? Und dann entscheide ich.

 

Was hast du schon Secondhand gekauft? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar!