Vegan oder nicht vegan? Wenn ja, wie und wenn nein, warum nicht? Das sind die Hauptfragen, die Sandra Hoppenz in ihrem Aufruf zur Blogparade „Die Zukunft is(s)t vegan? Wie bist du vegan geworden ODER warum bist du es (noch) nicht?“ stellt.

Na, dazu kann ich doch was schreiben! Schließlich ernähre ich mich nicht rein zufällig, sondern mit voller Absicht vorwiegend pflanzlich. Wie es dazu kam und wie wir das mit unseren Kindern handhaben, darüber erzähle ich dir in diesem Blogartikel. Viel Spaß beim Lesen meiner persönlichen Reise nach Veganien (⬅️ das ist übrigens ein Kinderbuch zum Thema Veganismus, das wir auch zu Hause haben).

Kurzer Rückblick: Mein Essverhalten von Geburt bis ins junge Erwachsenenalter

Als kleines Baby wurde ich erstmal gestillt. Dann kam die Beikost: Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich als Kleinkind kein Fleisch essen wollte. Sie haben die Fleischbällchen dann hinter den Karotten versteckt, mir den Löffel in den Mund gesteckt und mich so ausgetrickst. Nach ein paar Mal dieser Art der Essenszuführung habe ich schließlich freiwillig Fleisch gegessen. Im weiteren Verlauf meiner Kindheit und Jugend war ich wohl die unkomplizierteste Esserin von uns drei Kindern. Von Rinderzunge bis Leber über Wild, Fisch, Meeresfrüchte und stark gewürztes Essen habe ich alles anstandslos verzehrt. Es gab allerdings auch Dinge, die ich nicht mochte: fettigen Bauchspeck, rote Wurst, Spiegelei und Vanillepudding. Außerdem gab es bei uns keine krassen Sachen wie Nieren, Kutteln oder Austern. Das habe ich teilweise später mal probiert und es hat mir nicht geschmeckt.

Kinderfoto

Als Kindergartenkind habe ich gut gegessen. Insgesamt war ich ein dünnes, schlaksiges Kind.

Fleisch und Käse hingegen haben mir sehr gut geschmeckt. Deftiges Essen stand oft auf meinem Speiseplan. Ich kann mich noch gut an ein Essen mit Freunden in einem Restaurant auf der schwäbischen Alb erinnern. Wir aßen fast alle einen Zwiebelrostbraten. Ich hatte ein ordentlich dickes, saftiges Stück, medium (also innen noch leicht blutig), mit richtig viel gerösteten Zwiebeln obendrauf. Nach ungefähr der Hälfte meines Fleischstückes sagte ich: „Ich könnte NIE Vegetarierin werden! Das schmeckt viel zu lecker!“. Tja, sag niemals nie …

Ich werde zur Hundebesitzerin und Vegetarierin

Eine andere gern und oft erzählte Geschichte meiner Eltern ist, dass ich schon sehr früh von Hunden begeistert war. Sobald ich laufen konnte, wollte ich zu Hunden gehen und sie streicheln.

Während meiner Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau – ich wohnte noch bei meinen Eltern – kam ich 1996 zu meinem ersten eigenen Hund. Tascha war ein Mischling aus Malinois, Golden Retriever, Setter und Collie. Ich war jahrelang ehrenamtlich mit ihr in der Rettungshundestaffel aktiv und sie begleitete mich durch zahlreiche meiner Lebensphasen: Auszug aus dem Elternhaus, Zusammen- und Auseinanderziehen mit einigen Freunden, Praxissemester in Frankreich, Umzug nach München, Umzug nach Hamburg und auch meine erste Schwangerschaft. Als Tascha mit ungefähr 13 Jahren krank wurde und ich mehrfach viel Geld beim Tierarzt ausgegeben hatte, erschien es mir auf einmal unlogisch, Tiere zu essen. Ich kann doch nicht behaupten, dass ich tierlieb bin, wenn ich Tiere esse! Wieso sorge ich für ein Tier, das einen Namen hat und das ich kenne und liebe und esse auf der anderen Seite ein Tier, nur weil es ein sogenanntes Nutztier ist, das ich nicht kenne? Echt jetzt? Meine Hündin machte mich also zur Vegetarierin.

Ingrid mit Tascha

Mit meiner Hündin Tascha, als sie13 oder 14 Jahre alt war.

Meine erste Schwangerschaft: ich gehe weg vom Vegetarismus

Zu Beginn meiner ersten Schwangerschaft im Jahr 2012 war ich Vegetarierin. Sobald ich die fröhliche Kunde vom kommenden Nachwuchs in der Familie verbreitet hatte, bekam ich ungefragt Tipps und Ratschläge – auch zu meiner Ernährung. Unter anderem „Da musst du jetzt aber schon wieder Fleisch essen. Wegen Eisen und so!“ Ich blieb bei meiner vegetarischen Ernährungsweise. Aber nur vorübergehend. In der Schwangerschaft gibt es allgemeine Empfehlungen, worauf werdende Mütter verzichten sollen. Unter anderem auf Alkohol, Speisen mit rohen Eiern (wie Spaghetti Carbonara oder Tiramisu) und Rohmilchkäse. Zwischenzeitlich hatte ich festgestellt, dass ich Eier nicht so besonders gut vertrug, daher fiel mir der Eier-Teil leicht. Aber ich liebte Käse und war unsicher, welchen ich nun noch essen durfte. Meine Recherchen im Internet ergaben, dass ich sehr wenig über die Produktion von Milchprodukten wusste und ich war schockiert. Nach einigen Berichten und Videos von PETA und Animal Rights Watch war mir die Lust auf Käse ordentlich vergangen. Ich beschloss, komplett auf tierische Produkte zu verzichten und wurde in der zweiten Schwangerschaftshälfte vegan. Eine vegane Schwangerschaft mit gut geplanter, ausgewogener und vollwertig pflanzlicher Ernährung ist übrigens problemlos möglich.

Meine missionarische Phase

Jetzt war ich also frisch gebackene Mutter und Neu-Veganerin. Oh, ich glaube, da war ich ziemlich anstrengend und nervig für mein Umfeld. Eigentlich war ich da genauso, wie in einem der bekanntesten Veganer-Witze: „Woran erkennst du einen Veganer? – Er wird es dir erzählen!“. Ich wollte alle oder zumindest so viele wie möglich aufklären und bekehren. Ungefragt erzählte ich jedem etwas über Veganismus. Schließlich wusste ich ja jetzt von dem ganzen Leid der Tiere und auf der anderen Seite von den gesundheitlichen Vorteilen. Und ich dachte mir, dass das alle wissen sollten und sicher auch alle wissen wollten! Weil ich das doch auch nur zufällig entdeckt hatte und mir das keiner verraten hatte. Pustekuchen! Meine beste Freundin hat mir dann mal direkt ins Gesicht gesagt, dass sie durch diese dogmatische, missionarische Verhalten eher abgeschreckt als aufgeklärt wird.

Vorleben und Rezepte auf Nachfrage

Nach Ablegen der Missionierphase ging ich langsam dazu über, die Leute in meinem Umfeld über ihre Geschmacksnerven neugierig zu machen. „Was kannst du überhaupt noch essen?“ wurde ich häufiger gefragt. Tatsächlich habe ich durch die Umstellung auf pflanzliche Ernährung sehr viele neue, leckere Lebensmittel kennengelernt, die ich sonst vielleicht nie probiert hätte. Wenn wir Freunde zum Essen einladen, gibt es was Veganes. Sehr oft werde ich danach nach dem Rezept gefragt (zum Beispiel nach Weiberpasta). Außerhalb essen gehen funktioniert auch. Die meisten Restaurants bieten vegetarische und vegane Gerichte an oder können auf Nachfrage etwas Veganes kochen. Manchmal sind das nur Pommes mit Ketchup oder Nudeln mit Tomatensauce, aber damit komme ich auch klar. Wenn es wirklich mal nichts Veganes gibt und ich sehr hungrig bin, weiche ich auf vegetarisch aus. Aber das sind Ausnahmen, die ich mir zugestehe. Von mir aus darf auf dem Grill das Fleisch neben meinem Maiskolben liegen und ich verziehe kein Gesicht, wenn jemand in meinem Umfeld tierische Produkte zu sich nimmt.

Burger

Auswärts mal wieder einen veganen Burger essen.

Wie ernährt sich der Rest der Familie?

Unsere Kinder essen überwiegend vegan. Auf Kindergeburtstagen und bei den Großeltern gibt’s aber auch mal was mit tierischen Bestandteilen. Wie zum Beispiel Kuchen mit Ei, Gummibärchen mit Gelatine, Milchschokolade oder Pizza Margherita mit Kuhkäse. Mein Mann isst zu Hause auch hauptsächlich vegan, weil ich meistens einkaufe, koche und es ihm schmeckt. Manchmal holt er sich Fisch oder Käse, aber Fleisch konsumiert er nur noch sehr wenig, wenn wir mal auswärts essen. Ich habe unseren Kindern erklärt, warum wir uns so ernähren und sie finden es gut. Grundsätzlich dürfen sie aber alles probieren, was sie möchten. Auch Fleischwürstchen bei Geburtstagspartys.

Bei unserer großen Tochter wurde eine leichte Milchunverträglichkeit festgestellt, sodass wir diesbezüglich nur wenige Ausnahmen gestatten. Was sie wirklich liebt, sind Eier. Die kaufen wir daher hin und wieder, entweder im Bioladen oder über eine Freundin von frei laufenden Hühnern. Unsere kleine Tochter isst sehr speziell: Kartoffeln, Reis, Nudeln am liebsten ohne Sauce, aber weiße Bohnen in Tomatensauce. Sie mag weder Hotdogs, noch Pizza, Eier oder Würstchen (weder vegan, noch Fleisch). Trotzdem wachsen beide Kinder, sind normal entwickelt und die Werte waren bei den Bluttests bisher immer gut. Wir achten darauf, gewisse Nährstoffe zu supplementieren, vor allem B12 und Vitamin D.

Meine Geschwister, Eltern, Schwiegereltern, Schwager und sonstige Familienmitglieder ernähren sich omnivor (=Mischkost mit Fleisch). Sie essen also alles, was ich früher auch gegessen habe. Fun fact am Rande: ein Familienmitglied hat mir mal vorgeworfen, dass es unnatürlich sei, Vitamin B12 zu nehmen und brauchte ungefähr ein Jahr später selbst hoch dosiert B12 über Spritzen, weil ein krasser Mangel festgestellt wurde.

Verzicht oder Umstellung?

Ich kann es durchaus verstehen, dass man auf gewisse geschmackliche Vorlieben nur schwer verzichten mag. Wenn einem aber bewusst ist, was dahinter steckt – sowohl an Tierleid als auch an Marketing und Gewohnheiten – dann fällt es leichter, einen neuen Weg zu gehen. Bei uns gab es früher an Feiertagen traditionell bestimmte Gerichte. Das Silvester-Flelsch-Fondue beispielsweise lässt sich ziemlich schlecht veganisieren. Daher habe ich mich komplett davon gelöst und wir haben dafür eine neue, eigene Tradition gefunden. Besonders am Anfang fand ich die Umstellung schwierig, weil ich noch nicht wusste, was mir schmeckt. Ich habe viel ausprobiert und nicht alles davon war lecker. Insgesamt gesehen sehe ich es aber nicht als Verzicht, sondern als Bereicherung, weil ich offener wurde für neue, unbekannte Lebensmittel und ich nur selten etwas vermisse.

Was ich tatsächlich anfangs etwas schwieriger fand, war vegan zu Backen. Aber auch in diesem Bereich habe ich neue Rezepte gefunden, die zu leckeren Ergebnissen führen. Das Rezept für veganen Biskuit habe ich sogar von einem Nicht-Veganer bekommen, der den Kuchen so macht, wenn er keine Eier im Haus hat.

Mein Fazit

Eine Ernährung sollte immer abwechslungsreich, vollwertig und ausgewogen sein. Das geht auch vegan, unter Berücksichtigung mancher Nährstoffe wie beispielsweise B12. Besonders in bestimmten Lebensphasen, wie Schwangerschaft oder beim Heranwachsen, sollte hier besonders gut darauf geachtet werden. Ich kenne viele Veganer, die besser auf ausgewogene Ernährung und Nährstoffe achten, als omnivor oder vegetarisch essende Personen in meinem Bekanntenkreis. Zudem ist die vegane Ernährung die mit Abstand ökologisch nachhaltigste Ernährungsweise, vor allem wenn auch überwiegend regionale und saisonale Lebensmittel verwendet werden.

Wenn alle ein bisschen etwas machen kommen wir weiter als wenn nur wenige viel tun.

Ich wünsche mir, dass noch viele Menschen merken, dass vegane Ernährung lecker und vielseitig ist, sie gesundheitliche Vorteile hat und gut fürs Klima ist. Mit meinem Blog, meinen Rezepten und über das Vorleben versuche ich andere Menschen zu inspirieren und motivieren, die vegane Ernährung positiv zu sehen und sich vermehrt darauf einzulassen.

Noch ein paar Blogartikel zum Schluss

Im Zuge der Blogparade und beim Schreiben dieses Artikels habe ich folgende lesenswerte Blogartikel gefunden, die ich euch gerne empfehle. Die meisten davon und weitere tolle Artikel findest du direkt unter der Blogparade von Sandra.