In vielen Kulturen der Welt ist es bis heute gängige Praxis, Babys und Kleinkinder durch Ausscheidungskommunikation ohne Windeln sauber und trocken zu halten. Diese Ausscheidungskommunikation wird auch Windelfrei oder Abhalten genannt und ist eine alte Methode, von Anfang an auf das natürliche Ausscheidungsbedürfnis von Babys zu reagieren. In „Was ist Windelfrei?“ habe ich das ausführlich und gut verständlich erklärt.
Ich bin total froh und dankbar, dass ich rechtzeitig vor der Geburt unseres ersten Kindes von Windelfrei erfahren habe, weil ich es liebe. Warum ich Windelfrei empfehle, möchte ich dir in diesem Blogartikel erzählen. Kurz zusammen gefasst: Windelfrei finde ich total sinnvoll für die Umwelt sowie das Wohlbefinden und die Gesundheit von Babys.
Grund Nr. 1: Windelfrei ist gut für die Umwelt
Die meisten Windelfrei-Eltern benutzen zwar Windeln als Backup, aber sie benötigen langfristig gesehen weniger Windeln als Eltern von Vollzeit-gewickelten Babys. Ein Baby braucht durchschnittlich 5.000 Wegwerfwindeln bis zum Sauberwerden und produziert beim Vollzeitwickeln etwa 1,5 Tonnen Windelmüll. Wegwerfwindeln brauchen bis zu 500 Jahre bis zum Verrotten. Sie sind schwer brennbar (wegen Saugkern) und ein Problem für die meisten Müllverbrennungsanlagen. Auch Bio-Windeln verrotten und brennen schlecht.
Wenn die Ausscheidungen des Kindes direkt im Töpfchen oder der Toilette landen, braucht man zudem weniger Zubehör zum Saubermachen des Babypopos. Das bedeutet weniger Müll und das Schonen von Ressourcen. Oft werden in Kombination mit Windelfrei Stoffwindeln verwendet, die natürlich auch hergestellt und gewaschen werden müssen, aber aufgrund ihres vielfachen Gebrauchs und ihrer Langlebigkeit wesentlich umweltfreundlicher als Wegwerfwindeln sind.
Grund Nr. 2: Gut für die Gesundheit des Babys
Windelfrei hat einige gesundheitliche Vorteile. Weil das Baby kaum in seinen Ausscheidungen liegt, kommt es sehr selten zu Windeldermatitis und anderen Hautirritationen oder Windelsoor durch Hautpilze. Das Risiko von Blasen- und Pilzinfektionen wird minimiert. Zudem werden bei Windelfrei-Kindern weniger Koliken beobachtet bzw. sie sind durch das Abhalten weniger unruhig. Die Abhalteposition unterstützt das Abgehen von Pupsen. Ein weiterer Punkt ist, dass Windelfrei als Vorbeugung von Bettnässen (Enuresis) angesehen wird. Und Windelfrei-Eltern erkennen oft recht gut und schnell, wenn ihr Kind Nahrungsunverträglichkeiten hat.
Grund Nr. 3: Es fördert die Bindung
Windelfrei ist einer von einigen möglichen Bausteinen einer bindungsorientierten Erziehung. Weitere Bausteine sind beispielsweise Stillen oder Tragen. Diese Bausteine fördern die Bindung zwischen der Bezugsperson (Mutter, Vater) und dem Baby, weil sie natürliche, evolutionsbedingte Bedürfnisse des Kindes stillen. Windelfrei ist vor allem auch ein Part, bei dem die Väter bzw. Partner gut helfen und unterstützen können. Der achtsame und liebevolle Umgang mit Babys tut nicht nur den Kindern, sondern oft auch den Erwachsenen gut.
Grund Nr. 4: Natürlicher Umgang mit den Ausscheidungen
Das Bewusstsein für die eigenen Ausscheidungen tritt früher ein bzw. bleibt erhalten, wenn auf das Äußern eines Bedürfnisses eine adäquate Reaktion durch eine Bezugsperson folgt. Durch den natürlichen Umgang mit den Ausscheidungen des Kindes wird nicht nur das Körperbewusstsein des Kindes erhalten und gefördert, sondern auch viele Eltern verlieren die Scheu vor „dem, was da so rauskommt“. Manche Eltern sind überrascht und begeistert, wie kompetent ihre Kleinen schon ab Geburt sind, dass sie tatsächlich schon mitteilen können, wenn sie mal müssen und wie lange sie teilweise anhalten können.
Grund Nr. 5: Windelfrei ist individuell anpassbar
Windelfrei ist nichts, was zum Beispiel nur Eltern machen können, die sich volle drei Jahre Elternzeit nehmen. Das Gute an Windelfrei ist nämlich, dass jede Familie das individuell in ihren Alltag integrieren kann. Wann und wie oft das Baby abgehalten wird, ist ebenso individuell anpassbar wie das genutzte Backup. Ich kenne Vollzeitmütter, Teilzeitarbeitende, Selbständige, Patchworkfamilien und Alleinerziehende, die Windelfrei machen. Die einen halten ihr Kind nur ein bis drei Mal pro Tag ab, die anderen nur zu Hause und unterwegs nicht, wieder andere nur in Standardsituationen. Manche nutzen ausschließlich Stoffwindeln, manche Wegwerfwindeln, andere kombinieren. Das sind alles Beispiele für mögliche Konstellationen und Umsetzbarkeit.
Noch ein paar Anmerkungen
Das Abhalten von Babys war früher auch bei uns ein natürlicher Bestandteil beim Großwerden von Kindern. Leider geriet in den Industrienationen diese Technik und das Wissen darum in Vergessenheit und wurde verdrängt – teilweise auch durch neue Erfindungen wie die Wegwerfwindel (Anfang der 60er Jahre in den USA) und die entsprechende massive, erfolgreiche Werbung. Daher helfe ich Eltern in meinen Kursen, dieses Wissen zu lernen und praktische Tipps für die Umsetzbarkeit zu erhalten. Wenn du einfach so noch mehr über Windelfrei erfahren möchtest, dann lies gerne meine Artikel „Vorteile und Nachteile von Windelfrei“, „Fünf Ammenmärchen rund um Windelfrei – Aufklärung über Vorurteile und Mythen“ und „Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Windelfrei-Kurs?“
Wenn für dich der Zeitpunkt stimmt, dann schau gerne auf meiner Startseite ganz unten nach meinen nächsten Windelfrei-Kursen. Oder melde dich für eine Einzelberatung bei mir.
Liebe Ingrid, danke für diesen Artikel. Meine beiden Kinder, heute 28 und 26 habe ich mit Stoffwindeln gewickelt. Die Kinderpopos waren darüber sehr dankbar. Hätte ich damals von dieser Methode gewusst, hätte ich das sicherlich angewendet. Lieben Gruß, Birgit
Liebe Birgit,
Stoffwindeln sind ja auch schon toll und besser für die Umwelt als Einmalwindeln. Vielleicht bekommst du auch irgendwann Enkelkinder und kannst dann deinen Kindern von Windelfrei erzählen?
Viele Grüße
Ingrid